Foil Rescue Mission
Unterwasser-Expedition mit einem durchsichtigen SUP-Board
Diese Geschichte nahm vor knapp einem Jahr ihren Anfang. Ein ziemlich untypischer Sturz riss mich aus dem Flug über den Wittensee. Ich steckte mitten in der Lernphase und da sind Abgänge normal, aber dieser fühlte sich ungewohnt heftig an, geradezu katapultartig - wie ein Schleudersturz beim Windsurfen.
Das Wasser an dieser Stelle war tief, Grundkontakt schied deshalb aus. Also wieder aufs Board und zurück in die andere Richtung. Als ich trotz ausreichend Wind nicht mehr ins Foilen kam schaute ich mal genauer unters Board.
Der Mast saß noch an seinem gewohnten Platz, nur weiter unten fehlte etwas. Die komplette Fuselage war abgerissen und samt Fronwing und Stabi in der Unterwasserwelt verschollen. Dollarzeichen erschienen vor meinen Augen, und zwar mit einem dicken Minus vor dem dreistelligen Betrag.
Der Surftag war damit durch. Mit SUP und Taucherbrille war ich wenig später wieder auf dem Wasser, aber die Suche blieb ergebnislos. Die Ecke des Sees hatte ich mir gemerkt, die Sicht unter Wasser reichte allerdings nicht aus. Mit den vom Wind aufgewühlten Schwebeteilchen sah es unter Wasser aus wie in einem Schneesturm. Foil futsch, Frust groß.
Gemildert wurde der Verlust durch die erfolgreiche Reklamation des Foils: ein Verklebungsfehler beim Produktionsprozess. Also kein ungeplantes Minus auf dem Konto, aber trotzdem Ansporn zum Bergen von dem teuren Teil. Eine zweite Suchaktion mit polarisierten Brillengläsern brachte kein Ergebnis, dann kam der Winter und die Sache geriet in Vergessenheit.
Mitten im Frühjahr stieß ich dann auf einen Social Media Post zu durchsichtigen Stand-up Paddleboards, die ein alter Surfkollege produzieren ließ. Ein Anruf bei Daniel und grob geplant war die Rettungsmission mit den GlassSUP getauften Boards aus Polycarbonat (siehe: glasssup.com).
Der Container war coronabedingt etwas länger unterwegs, aber im August war es dann endlich soweit. Ein windstiller Tag mit blauem Himmel war perfekt für die Suche.
Schon unter Land konnte man gut durch das durchsichtige Board auf den Grund schauen. Vom Paddel heruntertropfendes Wasser muss man dabei vermeiden und bei starkem Sonnenlicht so paddeln, dass die Sonne von der Seite scheint.
Der Foil liegt in tieferem Wasser weiter draußen auf dem See. Auf der Paddeltour dorthin blickte man mit dem abfallenden Seeboden zunehmend in ein gleichmäßiges Grün.
Schwebeteilchen reflektierten das Licht und dunkle Unterwasserpflanzen am Grund schluckten den letzten Rest an Helligkeit. Keine Sicht zum Grund, keine Chance zum Auffinden des Foils. Auch diese Rescue Mission scheiterte.
Näher am Ufer gab es dann dennoch einen Fund. Hier liegen große Findlinge unter Wasser, weshalb der Bereich vom lokalen Surfclup mit gelben Bojen markiert wurde.
Einer dieser Brocken hatte sich eine Finne geholt, in etwas über einem Meter Wassertiefe gut zu entdecken. Immerhin ein Trostpreis.
Vielleicht wiederholen wir die Aktion im Winter, wenn sich weniger Algen und andere Schwebstoffe im Wasser befinden. Und dann auch bei Dunkelheit, denn die Boards lassen sich mit einer Unterwasser-LED-Beleuchtung ausstatten. Stay tuned...
19.08.2022 © WING DAILY | Text: Jürgen Schall | Fotos/Grafiken: Jürgen Schall